Was ist eigentlich sexuelle Gewalt oder sexueller Missbrauch?
Sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen ist Machtmissbrauch von Stärkeren (Männern, Jugendlichen, seltener auch Frauen) gegen Schwächere (Mädchen, Jungen). Jede sexuelle oder sexualisierte Handlung – auch in Worten oder Blicken – die an oder vor einem Kind, gegen dessen Willen oder/ und unter Ausnutzung einer Macht-, Autoritäts-, Abhängigkeits- oder Vertrauensposition begangen wird, ist sexuelle Gewalt.
Sexuelle Gewalt hat viele Gesichter und Ausdrucksformen. Manchmal sind es anmachende Blicke, scheinbar zufällige Berührungen am ganzen Körper, blöde Bemerkungen, gewaltsame Entkleidungen. Manchmal entblößen sich Erwachsene vor Mädchen oder zwingen sie dazu, pornographische Magazine oder Filme anzuschauen. Einige Mädchen werden genötigt, Erwachsene oder ältere Jungs mit der Hand oder dem Mund sexuell zu befriedigen. Andere Erwachsene dringen mit Fingern, Gegenständen oder dem Penis in die Scheide, den Po oder den Mund des Mädchens ein, das heißt sie vergewaltigen es.
Leider geschehen solche Übergriffe jeden Tag und überall. Die meisten Mädchen trauen sich nicht, darüber zu sprechen, weil es ihnen peinlich ist, und sie schämen sich. Wenn sie es versuchen, darüber zu reden, wird ihnen oft nicht geglaubt.
Wir wissen, dass die sexuelle Gewalt oder der sexuelle Übergriff meistens von Männern oder männlichen Jugendlichen, manchmal aber auch von Frauen, aus dem nahen Bekanntenkreis der Mädchen ausgeht. Das können sein: Väter, Stiefväter, Freunde oder Lebensgefährten der Mutter, Großväter, Onkel, Brüder, Cousins, Nachbarn, Freunde der Eltern, Lehrer, Trainer im Sportverein... Weil Mädchen diese Erwachsenen oder älteren Jugendlichen kennen, vertrauen sie ihnen. Leider wird dieses Vertrauen ausgenutzt.
Ein sexueller Übergriff ist in der Regel sehr belastend. Aber es gibt Hilfe!
Die meisten Mädchen fühlen sich nach Missbrauchserfahrungen sehr schlecht. Einige schämen sich, ziehen sich zurück, fangen an zu lügen, verachten ihren Körper, brechen den Kontakt zu Freundinnen ab, bekommen körperliche und seelische Beschwerden. Sie haben schlechte Träume, Angstzustände, essen ganz viel oder ganz wenig, haben Angst, alleine zu sein und vieles mehr. Der Missbrauch verursacht viele Probleme, mit denen Mädchen nicht alleine zurecht kommen. Ein Gespräch mit einer Vertrauensperson kann hilfreich sein und meistens weiß diese Person auch, wo das Mädchen sich Hilfe holen kann.
In unserer Gesellschaft sind sexuelle Gewalt und sexueller Missbrauch ein Verbrechen. Für diese Tat ist nur der/die Missbraucher/-in verantwortlich. Meistens ist es außerdem eine Wiederholungstat, über mehrere Jahre hinweg. Der/die Missbraucher/-in hat sich vielleicht geschickt in die Gefühle des Mädchens eingeschlichen und sie zu einer „Komplizin" gemacht. Möglicherweise konnte das Mädchen besondere Zuwendung erfahren. Manche Mädchen werden von ihren Missbrauchern wie Erwachsene behandelt, sie dürfen z.B. rauchen, Alkohol trinken oder bekommen besondere Vergünstigungen. Daraus darf keine Mitschuld abgeleitet werden. Das betroffene Mädchen hat keine Schuld, auch wenn ihm von den dafür Verantwortlichen etwas anderes erzählt wurde!